Ich kaufe, also bin ich – Kann es guten Konsum geben?
Konsum (A 2024)
Konsum ist ein menschliches Grundbedürfnis. Aber wo beginnt der Überfluss, und mit welchen Folgen? Eine Bestandsaufnahme der fatalen Verstrickungen von Überkonsum und neue Perspektiven. Globalisierte Warenwirtschaft, Wegwerfgesellschaft, Fast Fashion, Überkonsum: Das alles sind Schlagworte, die wir schon einmal gehört haben. Aber was steckt dahinter, und was können wir als Konsumenten für einen "besseren Konsum" tun? Gibt es den überhaupt? Ungeachtet der Krisen der letzten Jahre steigen die Konsumausgaben in den westlichen Industriestaaten. Auch für das Jahr 2024 sieht die Prognose einen Anstieg vorher. Kleidung, Technik, Kosmetik, Nahrung – Dinge, die wir zum Leben brauchen. Aber 15 verschiedene Erdbeerjoghurts im Supermarktregal oder Jeans für 5,99 Euro – ist das wirklich nötig? Und was macht dieses Überangebot, das einem Kaufgebot gleichkommt, mit den Konsumentinnen und Konsumenten? In der Dokumentation geben Experten und Aktivistinnen Einblicke in die moderne Konsummaschinerie. Verhaltensbiologe Gregor Fauma vergleicht die Jagd nach Gütern mit dem Urinstinkt, Nahrung zu erbeuten. Beim Kaufen gibt es aber kein "Genug" – die Jagd an sich ist der Kick, der manche sogar in die Konsumsucht treibt. Dr. Roland Mader vom "Anton Proksch Institut" in Wien klärt auf, was hinter dieser Sucht steckt. Der Trendanaylst Carl Tillessen meint: Keine gesellschaftliche Teilhabe bedeutet uns so viel wie die Teilhabe am Konsum. Das wissen auch die Marketingstrategen der Händler. Wie gewieft insbesondere Online- und Ratenzahlungsangebote auf unser aller Geldbörse abzielen, weiß die Schuldenberatung des "Fonds Soziales Wien". Für die Aktivistin und Autorin Nunu Kaller ist die Frage nach dem Bedarf maßgeblich für guten Konsum. Insbesondere in Sachen Mode ist weniger mehr – Fast Fashion ist eine der größten Umweltsünden überhaupt. Der Ökonom Niko Paech fordert insgesamt ein radikales Umdenken und entwirft eine Postwachstumsökonomie. Die Entwicklung der heutigen Konsumgesellschaft wird von der Konsumhistorikerin Karin Moser eingeordnet. Die Musikerin Johanna Carter steckt rund 400 Arbeitsstunden in die Herstellung eines einzigen Pullovers. Dabei übernimmt sie alle Arbeitsschritte selbst – vom Spinnen und Färben bis zum Stricken und Weben. Dumpsterer gehen ebenfalls einen radikalen Weg in ihrer Verweigerung der Wegwerfgesellschaft, indem sie weggeworfene Lebensmittel aus Supermarktcontainern bergen. Lebensmittelrettung ist auch die Aufgabe der Tafel, die Überschüsse von Großhändlern sammelt und sozialen Projekten zur Verfügung stellt. Es gibt mittlerweile – abseits von scheinheiligen Greenwashing-Aktionen großer Ketten – auch Hersteller, die wirklich auf nachhaltige Produktion setzen. Secondhandshops oder private Kleidertausch-Partys bieten eine nachhaltige Art, Mode zu konsumieren, "Unverpackt"-Läden schaffen die Möglichkeit, Lebensmittel und Hygieneartikel gezielt nach Bedarf zu kaufen, und Online-Tauschbörsen oder Reparaturservices schenken Produkten ein zweites Leben. Die Filmemacherin Heidi Neuburger-Dumancic beleuchtet in ihrer Dokumentation auch die Verantwortung der Politik. Die ab Ende 2024 geltenden Zollbestimmungen der EU gegen die Päckchenflut aus Asien sind ein erster Schritt. Denn wenn es einen guten Konsum geben soll, braucht es das Zusammenspiel aller Kräfte.